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Lange Zeit war es um mich und meinen Blog etwas stiller geworden. Ich verspreche aber an dieser Stelle, dass sich das in den kommenden Tagen/Wochen/Monaten wieder deutlich ändern wird.
Noch vor Saisonbeginn war ich beim Eiszeit.fm Podcast zu einer Saisonvorschau zu Gast. Damals hatte ich vereinfach ausgedrückt, folgende Thesen aufgestellt:
- uns ist enormes Scoring abhandengekommen
- ich habe uns nicht so stark gesehen, wie viele andere Blogger oder Experten
- ich habe unser Goalie-Duo als überdurchschnittlich gut bewertet
- ich wollte noch einen reinen Stay-at-Home-Defender, da ich unsere Defensive für nicht ausgewogen genug gehalten habe
- ich habe unsere Defensive nicht ansatzweise so schlecht gesehen, wie man sich aktuell präsentiert
Aktuell sind 17 Spiele gespielt und die Roosters befinden sich auf Platz 11 der Tabelle. Die jüngsten Geschehnisse haben mich jetzt dazu bewogen, dass ich meinen Senf (mal wieder) ungefragt mitteile.
Die Saison fing eigentlich sehr verheißungsvoll an. Über den Sommer hinweg, hat Mende für mich einen guten Job gemacht. Es wurde bewusst auf junge deutsche entwicklungsfähige Spieler gesetzt, welche einige DEL-erfahrene Spieler zur Seite gestellt bekommen haben. Zudem hatte man schon zum Ende der letzten Saison den Playoff-MVP aus München verpflichten können.
Der 5:2 Heimerfolg über die Grizzlys aus Wolfsburg hat Lust auf mehr gemacht. Auch wenn man hier anmerken muss; Wolfsburg war wirklich schlecht (Entschuldigung an Wolfsburg Fans, solltet ihr euch hierher verirrt haben). Es folgte eine deftige Klatsche in Düsseldorf und eine, ja wie soll man das nennen, unnötige Niederlage in Krefeld. Das Spiel darfst du nicht verlieren. Es folgte ein furioser Heimsieg gegen den EHC Red Bull München, ein Heimsieg gegen den ERC Ingolstadt und ein Heimsieg gegen die Fischtown Pinguis. Zwischendurch gab es eine Auswärtsniederlage in Berlin und eine 2:6 Niederlage in Mannheim, wobei hier angemerkt sei, dass das Spiel über weite Strecken deutlich enger war, als das Ergebnis vermuten ließ. Vom 07.10.18 bis zum 14.10.18 kassierten die Roosters drei Niederlagen. 6:7 zu Hause gegen Augsburg, 2:1 nach Verlängerung in Köln und 2:4 zu Hause gegen Straubing. Zu diesem Zeitpunkt waren elf Spiele gespielt. Dann folgte der 19.10.18 an dem sich, für mich persönlich, der Verein ein komplettes Eigentor geschossen hat, welches er nun nicht mehr ohne Weiteres ausgleichen kann.
In allen Spielen, mit Ausnahme vom Heimspiel gegen München, ist es in keiner Partie gelungen, über 60 Minuten konstant gutes Eishockey zu spielen. Ergebnisse wie das 4:2 gegen Ingolstadt, 5:2 gegen Wolfsburg oder auch das 4:2 gegen Fischtown täuschten über die enorme defensive Anfälligkeit hinweg. Das müssen auch die Verantwortlichen erkannt haben, denn in der Zwischenzeit wurde der Verteidiger Keaton Ellerby (den ich persönlich schon als eine Art Stay-at-Home-Verteidiger einordnen würde) verpflichtet. Zudem kam hinzu, dass Mathias Lange und Sebastian Dahm wirklich nicht permanent ihr bestes Eishockey gespielt haben.
Und da sind wir genau an dem Punkt, der für mich den Wendepunkt in der bisherigen Saison darstellt. Die Art und Weise, wie man Hovinen präsentiert hat bzw wie man diese ganze Geschichte kommuniziert. Es spricht gar nichts dagegen, wenn man sich sportlich verbessern möchte und mit den bisherigen Leistungen einzelner Spieler nicht zufrieden ist. Das ist das Business, das ist normal und ich denke, damit kann auch jeder Spieler umgehen. Wie so oft macht der Ton die Musik bzw ist es eine Frage der Kommunikation.
Ich teile meinen aktiven Goalies nicht am Mittag eines Spieltages mit, dass ich einen neuen Mann verpflichtet habe (zumal Mende sagte, dass letzte Vertragsdetails am Donnerstag geklärt wurden). Ich gebe die Verpflichtung nicht während einer laufenden Partie über die Vereins Homepage bekannt. Ich stelle mich auch nicht nach der Partie hin und sage: „Wir werden die Saison sicher nicht mit drei Goalies beenden. Am Sonntag spielt übrigens Hovinen, Dahm sitzt auf der Bank.“
Ich lasse einen verdienten Spieler wie Mathias Lange, nach Dieter Orendorz der Dienstälteste Spieler im Kader, NICHT wie einen armen hilflosen Schuljungen im Regen stehen. Wenn ich mich von jemandem trennen will, dann kommuniziere ich das offen und ehrlich, damit jeder Beteiligte weiß, woran er ist und sich alle wieder auf die Arbeit konzentrieren können. Und vor allem verpflichte ich keinen neuen Goalie, mit Ausländerlizenz, OHNE vorher klar definiert zu haben, wie die Rollenverteilung ist. Das kann ich vllt noch bei zwei Goalies machen und eine Art Wettkampf um Platz 1 ausrufen (wobei auch das eine Typenfrage ist).
Das Problem, was viele mit der Verpflichtung von Hovinen hatten, war gar nicht die Verpflichtung ansich, auch wenn Lange und Dahm beide viele Sympathien in der Fanszene haben. Es ist, und hier muss man leider sagen WIEDER EINMAL, der fehlende Stil, mit dem man hier verdienten Spielern entgegentritt. Robert Hock und Mike York sind da wohl nur die jüngsten prominenten Beispiele.
Alles, was danach kam, waren hilflose und vor allem ereignislose Phrasen oder Worthülsen um das Ruder irgendwie noch herumdrehen zu können.
Am 21.10. (zwei Tage nach dem Heimsieg gegen Nürnberg und nach der Verkündung seiner Verpflichtung) war dann der große Tag von Neuverpflichtung Hovinen, der hier mal die ärmste Sau in der ganzen Geschichte ist. Das möchte ich mal anmerken. Bei den bislang offensiv völlig verwahrlosten Wild Wings kassierte Hovinen 5 Gegentore; an allen war er machtlos. Gegentor zwei und drei waren quasi eine Kopie. Wer wirklich wissen will, warum man defensiv so anfällig ist, der schaut sich bitte die zwei Gegentore an. Lange Rede kurzer Sinn; Hovinen war seitdem nicht mehr gesehen und hat keine Sekunde mehr gespielt. Er stand noch nicht einmal im Kader, was eigentlich auch völlig logisch ist, denn sobald er auf dem Spielbogen steht, muss Daum eine andere Ausländerlizenz auf die Tribüne schicken. Marko Friedrich gab nach dem Spiel ein Interview in welchem er den Satz prägte: „Es war irgendwie klar, dass wir hier verlieren.“ Wer da noch einen Einblick in das Innenleben der Mannschaft benötigt; hier war er. Wie auch immer Friedrich diese Äußerung gemeint hat und selbst wenn Sie aus Frust entstanden ist, zeigt es doch, dass die Probleme wohl doch tiefer liegen als man angenommen hatte.
Unter der Woche tätigte Rob Daums die Aussage, dass die Situation im Training die Goalies „richtig pushen“ würde. Vor allem Sebastian Dahm, der gegen die DEG starten durfte. Wer das Spiel gesehen hat, der wird alles gesehen haben, aber keinen Sebastian Dahm, welcher auch nur ansatzweise gepushed wirkte. Ich habe da einen völlig verunsicherten Goalie gesehen, der wieder einmal viel zu oft von seinen Vorderleuten alleine gelassen wurde und aus dessen Verunsicherung auch ein Gegentor resultierte. Wenn die DEG das in einigen Situationen klüger ausspielt und nicht so einen schlechten Tag erwischt, dann verliert man das Spiel ebenfalls. Zuvor habe ich in dieser Saison wirklich nur ein schlechtes Spiel von Dahm gesehen. Das war das 6:7 zu Hause gegen Augsburg am 07.10.18.
Was folgte war eine deftige Auswärtspleite beim EHC Red Bull München, wo das Spiel bereits nach 13 Minuten gelaufen war, da München zu dem Zeitpunkt bereits 4:0 führte. Lange kam für Dahm und beendete das Spiel aus seiner Sicht mit 2:2 – Endergebnis 2:6 aus Sicht der Roosters. Hier muss man den Münchnern noch dankbar sein, dass Sie ab dem zweiten Drittel einen Gang rausgenommen haben; es wäre sonst sehr bitter geworden.
Auch Lange gab nach dem Spiel ein fast schon legendäres Interview, in dem er anmerkte, dass wohl auch er ein Tor schießen würde, wenn man die eigene Zone so bespielt wie es die Roosters tun und dass es egal sei, wer da im Tor stehen würde. Das Interview vermittelte eine Spur Frust, Hilflosigkeit und auch Ratlosigkeit mit der eigenen Situation umzugehen.
Einer 2:3 Heimniederlage gegen Mannheim, wo man sich besser verkauft hat als erwartet, folgte eine 1:7 Klatsche in Nürnberg. Das Nürnberg, welches wohl so schlecht spielt wie seit Jahren nicht mehr. Schon am Sonntag musste ich den Satz prägen „Gegen uns sieht selbst Nürnberg gut aus“. Knapp 1000 Roostersfans waren mit dem Sonderzug vor Ort und konnten das Spiel schon wieder nach dem ersten Drittel abhaken. 0:3 aus Sicht der Roosters. Rob Daum, der zuvor mitteilte, dass er es nicht für professionell halte, wenn die Mannschaft mit dem Sonderzug zurückfahren würde, brachte es auf der anschließenden Pressekonferenz ebenfalls fertig, den Fans mit keinem Wort für die Reise zu danken. Das erledigte Sebastian Dahm via Instagram Post.
Kurzfassung der Woche vom 19.10.18 bis zum 28.10.18:
Drei Goalies im Kader, keiner davon strahlt auch nur irgendeine Sicherheit oder Zuversicht aus. Alle drei mit angeknackstem Selbstbewusstsein und keiner weiß, woran er ist. Defensiv nicht ansatzweise verbessert.
Das ist ein miserables Arbeitszeugnis für ein paar Tage.
Daum ist sicherlich kein Menschenfänger und wird auch keiner mehr. Das muss er auch nicht. Aber auch er wird lernen müssen, dass es in Iserlohn nicht ohne Fans geht. Grundsätzlich ist das Eishockey, welches die Roosters spielen ja auch nicht komplett schlecht. Offensiv, vor allem im Umschaltspiel, sieht das teilweise schon sehr gut aus und erinnert ein bisschen an bessere, vergangene Zeiten. Das Powerplay ist zuletzt ins Stocken geraten, war aber gerade zu Beginn der Saison ebenfalls stark. Auch das Unterzahlspiel ist gut. Meine zu Saisonbeginn geäußerten Scoringfragen scheinen sich in Luft aufgelöst zu haben. Die Roosters stellen aktuellen Platz 1 und 2 in der Topscorer-Liste der DEL.
Ein riesiges Problem ist die Disziplinlosigkeit der gesamten Mannschaft. Es gab Zeiten, vor allem unter Jari Pasanen, da gehörten die Roosters zu den Teams mit den wenigsten Strafen. Natürlich wurde das zu Ende seiner Amtszeit negativ ausgelegt und es machte der Begriff „körperloses Hockey“ die Runde. Aber und das ist entscheidend 332 Strafminuten in 17 Spielen macht einen Durchschnitt von 19,53. Das ist quasi ein komplettes Drittel pro Spiel, welches du in Unterzahl spielst. Das kann keine Mannschaft der Welt, vor allem auswärts, auffangen. Große Strafen verzerren das Bild hier natürlich etwas, aber eine Tendenz ist klar zu erkennen.
Dabei geht es mir noch gar nicht mal um die Strafen im Allgemeinen, sondern viel mehr um die Art der Strafen. Wenn ich für jeden Stockschlag von Dylan Yeo 10€ bekommen hätte, ich könnte die Roosters heute kaufen. Das ist natürlich bewusst überspitzt formuliert. Yeo ist kein junger Spieler und keiner, der sich erst an die DEL gewöhnen muss. Da bekomme ich regelmäßige Stresspickel.
Defensiv ist da einfach null Entwicklung seit Amtsantritt zu erkennen. Und Daum hatte seine Saisonvorbereitung, konnte bei der Kaderplanung mitsprechen und steht somit also in der Pflicht zu liefern. Pasanen wurde gegen Ende seiner Amtszeit vorgeworfen, er habe nur ein System und weiche davon nicht ab. Rob Daum befindet sich auf bestem Wege in die gleiche Falle zu laufen.
Dann wären da noch die Podcast Auftritte von Karsten Mende und Wolfgang Brück im Podcast von Falk Blesken. Ich möchte niemandem etwas unterstellen, aber das klang von Sekunde eins an nach „Arbeit nach Skript“. Während ich mich an die Äußerungen von Mende schon gar nicht mehr erinnern kann, sind mir die Antworten von Brück dann doch noch sehr präsent im Kopf geblieben. Im Grunde hat er einen Ansatz von Selbstkritik geübt, was die Kommunikation in der Goalie-Frage angeht und mit dem ganzen Rest hat er nichts zu tun und das fällt nicht in seinen Aufgabenbereich.
Ganz ehrlich? Solche Auftritte kann man sich sparen. Entweder habe ich etwas zu sagen, dann mache ich das klar und deutlich oder ich sage eben nichts. Das, was dort zu hören war, wurde von vielen Seiten als „typisches Anwaltsgelaber“ bezeichnet.
Zu allem Überfluss trennte man sich zwischendurch noch von Denis Shevyrin, was bis heute nicht so ganz nachvollziehbar ist. Auf der einen Seite begründet man die Hovinen-Verpflichtung mit mehr Kadertiefe, auf der anderen Seite lässt man einen noch entwicklungsfähigen jungen deutschen Spieler einfach ziehen.
Nach den sportlichen Fragezeichen, die ohne Zweifel noch bestehen, macht man sich völlig ohne Not (so jedenfalls meine Wahrnehmung) ein Fass bezüglich Teamchemie und Stimmung rund um den Seilersee auf. Der Unmut der Fans nimmt zu, die Stimmung auf der Geschäftsstelle soll dem Vernehmen nach nicht gut sein und es haben wohl einige Mitarbeiter gekündigt. Auch der Goaliecoach steht nicht mehr unter Vertrag.
Wer da wirklich noch auf die Idee kommt, es liegt an den Goalies und mit einer Nachverpflichtung bekommt man das Kind schon geschaukelt, der will einfach nichts anderes sehen.
Ich bin ganz ehrlich: Es ist anstrengend sich aktuell mit den Roosters zu beschäftigen und noch viel anstrengender sich diese Negativspirale, die eindeutig selbst verschuldet ist, von außen anzuschauen. Ich habe es ganz zu Beginn vom Goalie-Gate bereits gesagt und weiche da nicht von ab:
Wenn man diese Frage nicht schnellstmöglich klärt, dann gibt es Probleme in der Mannschaft und im Umfeld.
Wir befinden uns auf bestem Wege in die gleiche Scheiße wie die letzten zwei Jahre und das wirklich Ärgerliche daran ist: diese Truppe kann ganz eindeutig mehr. Das hat Sie in dieser Saison bereits gezeigt. Man muss ihr scheinbar nur zeigen, wie es geht.
In diesem Sinne,
#NurDerIEC
Fotos: Patrik Rüberg (eishockey-online.com)